Steuerrechtliche Grundlage für den Formwechsel: Umwandlung von Personenunternehmen in eine Kapitalgesellschaft

30. Dez 2011 | Gewerbe

Grundsätzlich verweist § 25 S. 1 UmwStG bei einem Formwechsel nach § 190 UmwG auf die §§ 20 bis 23 UmwStG. Danach wäre für die Frage des steuerlichen Übertragungsstichtages § 20 Abs. 6 UmwStG anzuwenden.

Steuerrechtlicher Zeitpunkt des Formwechsels

buecherregal-steuer-fachliteratur © Fotolia.com

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Jedoch enthält § 25 S. 2 UmwStG als speziellere Vorschrift einen analogen Verweis auf § 9 S. 2 und 3 UmwStG.62 Grundsätzlich stimmt der steuerrechtliche Übertragungsstichtag mit dem handelsrechtlichen überein[1], jedoch darf steuerrechtlich ein hiervon abweichender Stichtag gewählt werden, der acht Monate vor der Anmeldung des Formwechsels zur Eintragung in Handelsregister liegen darf.[2]

Erstellung stichtagsbezogener Bilanzen

Abweichend vom Handelsrecht muss für steuerliche Zwecke eine Übertragungsbilanz der formwechselnden OHG und eine Eröffnungsbilanz der GmbH erstellt werden. Das Handelsrecht fordert keine stichtagsbezogenen Bilanzen. Das gilt sowohl für handelsrechtliche Schlussbilanzen der OHG als auch für Eröffnungsbilanzen der formgewechselten Kapitalgesellschaft.[3] Der fehlende Vermögensübergang durch den Formwechsel lässt diese Regelung zu.[4] Nach den handelsrechtlichen Vorschriften ist eine dem Umwandlungsbericht beizufügende Vermögensaufstellung ausreichend. In der Vermögensaufstellung sind die Vermögensgegenstände und Schulden mit dem wirklichen Zeitwert anzusetzen.[5] Eine steuerliche Übertragungsbilanz der OHG ist zwingend auf den gewählten Stichtag aufzustellen, die gleichzeitig die Grundlage für die steuerliche Eröffnungsbilanz der formgewechselten GmbH schafft.[6]
62 Vgl. Rabback, in: Rödder/ Herlingshaus/van Lishaut, Umwandlungssteuergesetz, 2008, § 25 Rn. [22], Bilitewski in: Haritz/Menner, Umwandlungssteuergesetz, 2010, 3.Aufl., § 25 Rn. 42

Ertragssteuerliche Einordnung

Der Gesetzgeber verweist bei einem Formwechsel nach §§ 190 ff. UmwG in § 25 UmwStG auf die §§ 20 ff. UmwStG und erklärt damit die Vorschriften für einen Rechtsträgerwechsel für anwendbar. Im § 25 UmwStG ist von einer Rechtsgrundverweisung entgegen einer Rechtsfolgenverweisung auszugehen. Somit müssen die einzelnen Voraussetzungen des § 20 UmwStG erfüllt werden, um mitunter die steuerbegünstigten Rechtsfolgen auszulösen.[7] Obwohl der Vorgang zivilrechtlich identitätswahrend ist, behandelt das Steuerrecht den Formwechsel wie eine Umwandlung mit Vermögensübergang. Deutlich wird diese Aussage auch im Entwurf zum Umwandlungssteuererlass vom 02.05.2011 gemacht, indem die Verwaltung von „übertragender“ Umwandlung spricht.[8] Das steuerliche Betriebsvermögen der OHG kann im Gegensatz zum zivilrechtlichen Vermögen aus dem Gesamthandsvermögen und dem Sonderbetriebsvermögen bestehen.[9] Daraus resultiert die Problematik, inwieweit zivilrechtliches Vermögen der Gesellschafter für die Einbringung nach § 20 UmwStG nach steuerlichen Kriterien relevant ist. Bezüglich der Frage bzw. der Problematik, ob wesentliche Grundlagen des Sonderbetriebsvermögens auf die GmbH übergehen müssen, damit § 20 UmwStG anwendbar ist, wurden in der Literatur verschiedene Meinungen vertreten.

Meinungsstand in der Literatur

Die Mindermeinung vertritt die Auffassung, wesentliche Grundlagen des Sonderbetriebsvermögens könnten zurückbehalten werden und § 20 UmwStG sei dennoch anwendbar.[10] Zur Begründung wird zum einen darauf verwiesen, dass § 25
UmwStG nur ein Rechtsfolgenverweis[11] wäre, zum anderen wird auf die handelsrechtliche Vermögensidentität verwiesen, die wie oben dargestellt, nicht für das Sonderbetriebsvermögen gilt.[12] Besonders Boorberg kristallisiert in seinem Artikel über die formwechselnde Umwandlung von Personengesellschaften mit Sonderbetriebsvermögen heraus, dass dem Gesetzgeber bei Neukonzipierung des § 25 UmwStG durchaus bewusst war, dass zivilrechtliche Unterschiede zwischen einem Formwechsel und einer Einbringung bestehen, er dennoch bei der Neufassung nicht ausdrücklich auf die Einbringung nach § 20 Abs.1 UmwStG verweisen wollte. Vielmehr verweist der Gesetzgeber dagegen auf den sechsten Teil des Gesetzes als Normengefüge, sodass aus der Gesetzessystematik geschlussfolgert wird, dass § 25 UmwStG die gleichen Rechtsfolgen wie § 20 UmwStG anordnet. Somit stützen Meinungsvertreter ihre Argumentation darauf, dass § 25 UmwStG als alleinige Voraussetzung für die Anwendung des § 20 UmwStG lediglich einen handelsrechtlichen Formwechsel nach § 190 UmwG erfordert. Wird dieser Tatbestand in § 25 UmwStG erfüllt, dann sind §§ 20 ff. UmwStG als Rechtsfolge anzuwenden.[13]

Die herrschende Meinung will die Anwendung des § 20 UmwStG nur dann zulassen, wenn sämtliche wesentliche Betriebsgrundlagen, also auch die des Sonderbetriebsvermögens, übergehen. Begründet wird diese Rechtsauffassung damit, dass § 25 UmwStG eine Rechtsgrundverweisung darstelle, weshalb eine steuerneutrale Behandlung des Vorgangs nur möglich wäre, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 UmwStG erfüllt seien. Zusätzlich zu den Voraussetzungen des § 25 UmwStG – also einem Formwechsel nach § 190 UmwG – müssen die Voraussetzungen der Sacheinlage nach § 20 UmwStG erfüllt werden.[14] In diesem Sinne argumentiert Patt, dass der Gesetzgeber ebenso ausdrücklich auf die Rechtsfolgen zur Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 UmwStG und auf die Rechtsfolgen durch Anteilstausch i.S.d. § 21 UmwStG hätte verweisen können, sodass Patt die gesetzliche Verweisungstechnik als sinngemäße Anwendung des gesamten sechsten Teils des UmwStG versteht.[15]

Die Verwaltung teilt die Rechtsauffassung der herrschenden Meinung und folgt damit dem Grundgedanken des § 16 EStG, nur den Übergang einer kompletten Sachgesamtheit zu begünstigen.[16] Einige Vertreter der herrschenden Meinung verneinen jedoch die rechtliche Übertragung am Eigentum auf die übernehmende Gesellschaft. Die Einräumung des obligatorischen Nutzungsrechtes auf die übernehmende Gesellschaft genüge, sodass die übernehmende Gesellschaft über die gleichen Rechte wie die übertragende Gesellschaft verfüge.[17]
Neben Ostermayer halten auch andere Meinungsvertreter[18] die reine Gebrauchsüberlassung von Sonderbetriebsvermögen dagegen für unzureichend und folgen damit der Auffassung der Finanzverwaltung[19], nachdem ausdrücklich die Einbringung nach § 20 UmwStG bei bloßer Nutzungsüberlassung der dem Betrieb dienenden Wirtschaftsgüter versagt wird.[20]

Rechtliche Beurteilung unter dem Aspekt der Fusionsrichtlinie

Eine andere interessante Sichtweise zur Einbringung von wesentlichen Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens ergibt sich aus der Untersuchung, ob die oben dargestellte herrschende Meinung mit den Grundsätzen der Fusionsrichtlinie vereinbar ist. Das Deutsche Umwandlungssteuerecht wurde im Einklang mit dem SEStEG an die Vorgaben der Fusionsrichtlinie angepasst. Nach der Gesetzesbegründung[21] sollen für inländische und grenzüberschreitende Umstrukturierungen die gleichen Grundsätze zugrunde gelegt werden.[22] In der Fusionsrichtlinie finden sich keine Ausführungen zur Übertragung von
Sonderbetriebsvermögen[23], weil es sich um eine nationale Besonderheit handelt.

Nach der Fusionsrichtlinie ist eine Einbringung von Sonderbetriebsvermögen nicht notwendig, sodass bei richtlinienkonformer Auslegung des § 20 UmwStG auf die Einbringung von Sonderbetriebsvermögen verzichtet werden kann. Begründet wird diese Auffassung beispielhaft anhand verschiedener möglicher grenzüberschreitender Umstrukturierungen, die allerdings nicht am Beispiel einer formwechselnden Umwandlung, sondern am Beispiel einer Verschmelzung diese Problematik darstellt. Zusammenfassend besteht derzeit das Problem, dass Umstrukturierungen unter Beteiligung ausländischer Personengesellschaften anders als inländische Umstrukturierungen beurteilt werden, obwohl das ein vom Gesetzgeber nicht gewünschtes Ziel zur Folge hätte und das gegen die eigentliche Intention des Gesetzes wäre.[24]

Dieser Kritik schließt sich auch die Bundessteuerberaterkammer in ihrer Stellungnahme von 15.06.2011 an und schlussfolgert, dass nicht von der Fusionsrichtlinie erfasste Vorgänge, nicht zur Voraussetzung auf nationaler Ebene werden dürfen. Die Einräumung eines obligatorischen Nutzungsrechts müsste folglich – entgegen der obigen Aussage – für die begünstigte Einbringung als ausreichend erachtet werden. Aufgrund dieser Diskrepanz fordern Vertreter zu Recht eine Übergangsregelung und eine überarbeitete, eindeutige Auffassung im kommenden Anwendungserlass.[25]

© Susanne Reichelt – Diplom-Kauffrau (FH) (Stand 12/2011)

(Steueroptimaler Weg bei der Umwandlung von Personenunternehmen in eine Kapitalgesellschaft unter besonderer Berücksichtigung von Sonderbetriebsvermögen und Verlustvorträgen)

Quellenverzeichnis:

[1] Vgl. § 9 S. 2 UmwStG
[2] Vgl. § 9 S. 3 UmwStG
[3] Vgl. Schmitt, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG UmwStG, 2001, 3. Aufl., § 25 Rn. 37-38
[4] Vgl. Kallmeyer, in: Kallmeyer/Dirkensen/Klöcker u.a., Umwandlungsgesetz, 2010, 4.Aufl, § 1[5] Rn.21
[5] Vgl. Patt, in: Dötsch/Patt/Pung u.a., Umwandlungssteuerrecht, 2007, § 25 Rn. 5
[6] Vgl. Bilitewski in: Haritz/Menner, Umwandlungssteuergesetz, 2010, 3.Aufl., § 25 Rn. 44
[7] Vgl. Rabback, in: Rödder/ Herlingshaus/van Lishaut, Umwandlungssteuergesetz, 2008, § 35 Rz. 22; Schmitt, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG UmwStG, 2009, 5.Aufl., §25 Rn.4
[8] Vgl. Umwandlungssteuer-Erlass im Entwurf vom 02.05.2011, Tz. 25.01, § 25 UmwStG i.V.m. § 20 UmwStG, In § 25 UmwStG a.F. wurde ausdrücklich die „übertragenden Gesellschaft“ in die Vorschrift eingebunden. Aufgrund der Änderung im Rahmen der Neufassung 2006 beschränkt sich der Gesetzgeber nun auf § 20 bis § 23 UmwGStG. Durch das Entwurfschreiben vom 02.05.2011 wird aber ersichtlich, dass der Gesetzgeber an die alten Rechtsauffassungen festhält. Dabei handelt es sich aber um eine steuerliche Fiktion des Vermögensübergangs. Vgl. Courage, C., Fikitiver Vermögensübergang, 19[8], DB, S. 1[1]1[1] 1[1]
[9] Vgl. BFH-Urteil vom 30.6.19[25] (VIII R 353/[20]) BStBl. 19[26] II S. 418 ; Sparrer, C., Sonderbetriebsvermögen, 2007, S. 10 -11
[10] Vgl. Crezellius, G., Grundsätzliche Zweifelsfragen zum Umwandlungsrecht 19[8], Stbg, 19[8], S. 438-439, so auch Boorberg, W., der Betrieb, 2007, S. 10[15] -1[16]51[16]5 1[16]5
[11] Rechtsfolgenverweis erklärt die rechtlichen Folgen des § 20 UmwStG für unmittelbar anwendbar, während dessen Tatbestandsvoraussetzungen nicht vorliegen müssen.
[12] Vgl. Crezellius, G., Grundsätzliche Zweifelsfragen zum Umwandlungsrecht 19[8], Stbg, 19[8], S. 438 -439 439
[13] Vgl. Boorberg, W. Der Betrieb, 2007, Heft 33, S. 1[16]0 1[16]0 -1[16]1
[14] Vgl. Patt, in: Dötsch/Patt/Pung u.a., Umwandlungssteuerrecht, 2007, § 25 Rn. 15, Schmitt, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG UmwStG, 2009, 5.Aufl, § 25 Rn. 4, Rabback, in: Rödder/ Herlingshaus/van Lishaut, Umwandlungssteuergesetz, 2008, § 25 Rn.2
[15] Vgl. Patt, in: Dötsch/Patt/Pung u.a., Umwandlungssteuerrecht, 2007, § 25 Rn. 15
[16] Vgl. BMF-Schreiben vom 25.03.1998, BStBl. I 1998, 2[6], Tz.20.37 i.V.m. Schmidt, in:Schmidt L. Einkommensteuergesetz, 2011, 30. Aufl., § 16 Rn. 5[20]
[17] Vgl. Menner, in: Haritz/Menner, Umwandlungssteuergesetz, 2.10, 3.Aufl., § 20 Rn. 1[5]
[18] Vgl. Schmitt, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG UmwStG, 2009, 5.Aufl., § 20 Rn.152
[19] Vgl. BMF-Schreiben vom 25.03.1998, BStBl. I 1998, 2[6], Tz. 20.08,
[20] Vgl. UmwSt-Erlass Entwurf vom 02.05.2011, Tz 20.05
[21] Vgl. BT Drucksache 16/2[9]0, S. 25 vom 25.09.2006
[22] Obwohl das Umwandlungssteuerrecht durch das SEStG europäisiert wurde, wurde die Vorschrift des § 25 UmwStG aF inhaltlich beibehalten. Die Vorschrift des § 25 UmwStg nF ist nicht nur auf inländische Vorgänge, sondern auch auf Formwechsel nach § 190 UmG vergleichbare ausländische Vorgänge anwendbar; Vgl. Bilitewski in: Haritz/Menner, Umwandlungssteuergesetz, 2010, S. [2]6, § 25 Rn.4-5
[23] Vgl. Richtlinie 90/434/ EWG
[24] Vgl. Nitzschke, D., Einbringung in Kapitalgesellschaft unter Beteiligung von Personengesellschaften-Einbringung wesentlicher Betriebsgrundlagen des SBV?, DStR 23/2011, S. 10[6] -10[8]10[8] 10[8]
[25] Vgl. Schwenker, J., in: Pressemitteilung der Bundessteuerberaterkammer vom 15.06.2011, Tz. 20.09 20.09 20.09


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