Deshalb greift man auf Stammzellen eines Spenders zurück. Je älter die Patienten zum Zeitpunkt der Erkrankung sind, desto unwahrscheinlicher ist eine Schädigung des Erbguts als Ursache.
Anti-Leukämie-Effekt: Unabhängig davon ist gerade bei Leukämie erwünscht, dass die fremden Spenderzellen den Organismus des Patienten angreifen und dabei auch verbliebene Krebszellen abtöten, die die Chemotherapie überlebt haben. Das nennt man Anti-Leukämie-Effekt.
Bei einer Stammzellspende müssen wichtige Gewebemerkmale zwischen Spender und Empfänger übereinstimmen. Einen solchen „genetischen Zwilling“ außerhalb der Familie zu finden ist schwierig. Deshalb eignen sich Stammzellen von engen Verwandten am besten.
Die Wahrscheinlichkeit, den passenden Spender zu finden, liegt unter Geschwistern immerhin bei 25 Prozent, zwischen Eltern und Kindern hingegen nur bei 1 Prozent. Fremd-Spendebanken und Nabelschnurblutbanken für die Eigenvorsorge lagern das Blut eines Neugeborenen kostenfrei ein, wenn es der Behandlung eines kranken Geschwisters dient. Im Vergleich zum Knochenmark haben Stammzellen aus Nabelschnurblut ohnehin den Vorteil, dass sie jünger, vitaler, schneller verfügbar, in der Regel virenfrei und in größerer Zahl vorhanden sind. Nur ein Drittel aller Stammzelltransplantationen entfällt derzeit auf die Therapie von Leukämie. Für andere lndikationen gelten eigene Stammzellen als Mittel der Wahl.
Stammzellen aus Nabelschnurblut
Mit der Gewissheit Ich bin schwanger! beginnen neun aufregende Monate, in denen neues Leben heranwächst. In die Freude über den Nachwuchs mischt sich aber auch die Sorge über den Verlauf der Schwangerschaft und die Gesundheit des Kindes.
Immer mehr Eltern überlegen deshalb, das Nabelschnurblut ihres Kindes, das normalerweise bei der Geburt entsorgt wird, aufzubewahren. In Nabelschnurblut sind besonders viele junge Stammzellen enthalten. Als Ursprung allen Lebens haben diese eine besondere Bedeutung für die Therapie schwerer Erkrankungen. Schon heute werden rund 100 Krankheiten mit Stammzellen aus Nabelschnurblut behandelt – und es werden ständig mehr.
Im Weiteren erfahren Sie mehr über den medizinischen Nutzen von Stammzellen heute und in Zukunft sowie die verschiedenen Möglichkeiten, Nabelschnurblut zu konservieren. Entscheiden Sie selbst, in welcher Form Sie für Ihr Kind vorsorgen oder anderen Menschen helfen möchten. Denn eines steht fest: Nabelschnurblut ist zu kostbar, um weggeworfen zu werden.
Inhaltsverzeichnis
- Was sind eigentlich Stammzellen?
- Was ist das besondere an Nabelschnurblut?
- Wofür kann Nabelschnurblut verwendet werden?
- Können auch Erwachsene mit Stammzellen aus Nabelschnurblut behandelt werden?
- Wie funktioniert die Entnahme von Nabelschnurblut?
- Was muss ich tun, wenn ich Nabelschnurblut konservieren will?
- Wie wird das Nabelschnurblut konserviert?
- Wie lange ist Nabelschnurblut haltbar?
- Soll ich Nabelschnurblut spenden oder für mein Kind aufbewahren?
- Nabelschnur – Alles über das Abnabeln
Was sind eigentlich Stammzellen?
Eine Stammzelle ist eine Art Ursprungszelle, die sich unbegrenzt vermehren und jede der rund 200 Zellarten im menschlichen Körper bilden kann. Diese Alleskönner entstehen nach der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle und bauen den gesamten Organismus auf – Haut, Muskeln, Knochen, Nerven, Gehirn und sämtliche Organe. So entsteht Leben.
Spezialisierte Zellen: Im Unterschied zu Stammzellen erfüllen ausgereifte Zellen eine bestimmte Funktion in unserem Körper. So senden beispielsweise Nervenzellen elektrische Signale ans Gehirn, Blutzellen transportieren Sauerstoff und die Zellen der Bauchspeicheldrüse produzieren Insulin. Als Spezialisten verrichten sie lebensnotwendige Arbeiten, sind aber nicht mehr in der Lage, die Aufgaben anderer Zellen zu übernehmen.
Stammzellen sorgen für Zellerneuerung: Das ist bei Stammzellen anders. Sie behalten die Fähigkeit, sich zu teilen, um neue Stammzellen und organspezifische Tochterzellen herzustellen. Sie sorgen dafür, dass die Zellen des Dünndarms alle zehn Tage, die roten Blutkörperchen im Abstand von etwa hundert Tagen und Knochenzellen alle zehn Jahre erneuert werden. Gleichzeitig reparieren und heilen sie Verletzungen und Krankheiten.
Doch genau wie der Mensch altern auch Stammzellen. Im Laufe der Jahre lässt ihr Regenerationspotenzial nach. Das zeigt sich unter anderem daran, dass Wunden oder Knochenbrüche bei älteren Menschen langsamer verheilen als bei Kindern. Deshalb liegt der Gedanke nahe, Zellen, die ihre Arbeit nicht mehr zuverlässig verrichten, durch jüngere zu ersetzen.
Fazit: Je jünger Stammzellen sind, desto vermehrungsfreudiger, flexibler und vielseitiger sind sie. Auf diese Weise lassen sie sich besser zur Behandlung von Krankheiten einsetzen als ältere Stammzellen.
Was ist das besondere an Nabelschnurblut?
Nabelschnurblut enthält besonders viele junge Stammzellen. Während das Kind im Mutterleib heranwächst, befinden sich die Stammzellen unter anderem in Leber und Milz. Im letzten Schwangerschaftsdrittel wandern sie ins Knochenmark. Dieser Umzug erfolgt über das Blut. So gelangen die Stammzellen auch in die Nabelschnur des Kindes, wo sie zum Zeitpunkt der Geburt in großer Menge vorhanden sind.
Doch schon kurz danach ziehen sie sich aus dem Blut ins Knochenmark zurück und verändern mit dem Älterwerden auch ihre Eigenschaften. Die noch sehr jungen Stammzellen aus Nabelschnurblut verfügen hingegen über Fähigkeiten, die zum Beispiel die Stammzellen im Knochenmark mit zunehmendem Alter verlieren.
Durch Einfrieren kurz nach der Geburt kann das Nabelschnurblut des Kindes konserviert werden. Es steht bei Bedarf sofort wieder zur Verfügung, wenn es zur Behandlung benötigt wird. Da die kindlichen Zellen aus dem Nabelschnurblut noch relativ unreif sind, gelten sie als besonders gut verträglich. Das bedeutet, dass Spender und Empfänger weniger Übereinstimmungen der Gewebemerkmale aufweisen müssen als bei einer Stammzellspende aus dem Knochenmark eines Erwachsenen. Die gefährlichen Abwehrreaktionen des Körpers bei einer Fremdspende fallen damit weg oder geringer aus.
Gewinnung von Stammzellen aus anderen Quellen
Stammzellen aus dem Knochenmark sind aufgrund ihres Alters weniger entwicklungs- und vermehrungsfreudig. Da die Gewinnung mit einem Eingriff unter Vollnarkose verbunden ist, werden Stammzellen aus dem Knochenmark nur im Bedarfsfall entnommen. Auch die Entnahme von Stammzellen aus dem zirkulierenden Blut ist mit Risiken behaftet. Ein weiteres Problem besteht darin, überhaupt einen geeigneten Spender zu finden.
Embryonale Stammzellen besitzen zwar ein besonders großes Potenzial, doch ihr Einsatz zu therapeutischen Zwecken ist in Deutschland und anderen Ländern verboten. Das liegt daran, dass der Embryo bei der Gewinnung dieser sehr jungen Stammzellen abgetötet wird. Stammzellen aus Nabelschnurblut sind hingegen ethisch völlig unbedenklich.
Stammzellen aus Nabelschnurblut sind:
- jung
- ohne Abstoßungsreaktionen, wenn körpereigen
- besser verträglich, wenn körperfremd
- vital und von längerer Lebensdauer als Stammzellen aus dem Knochenmark
- ethisch unbedenklich
- einfach, schmerzfrei und risikolos zu entnehmen
- nahezu frei von Viren und Umwelteinflüssen
- sicher und schnell verfügbar
Wofür kann Nabelschnurblut verwendet werden?
Stammzellen heute: Der therapeutische Einsatz von Stammzellen gehört mittlerweile zum medizinischen Alltag. Ist unser Körper bei einer ernsthaften Erkrankung nicht mehr in der Lage, sich selbst zu helfen, werden eigene oder fremde Stammzellen transplantiert.
Die klassische Stammzelltransplantation ermöglicht die Behandlung lebensbedrohlicher Krebs- und Bluterkrankungen. Seit mehr als 50 Jahren werden Stammzellen zur Therapie von Krebspatienten eingesetzt. Auf diese Weise kann jedes Jahr weltweit 50.000 Menschen geholfen werden.
Eine bei Krebspatienten häufig angewandte Chemotherapie hat nicht nur Vorteile, sondern auch schwere Nebenwirkungen. Das Medikament blockiert zwar wie gewünscht die Vermehrung der bösartigen Krebszellen und tötet sie ab. Doch gleichzeitig werden auch gesunde Zellen in ihrem Wachstum gebremst. Besonders betroffen sind Körperzellen, die sich häufig erneuern.
Vor allem die Zellen des Knochenmarks, die neue Blut- und Abwehrzellen bilden. Das Immunsystem kommt dadurch nahezu zum Erliegen. Deshalb erfolgt im Anschluss an eine Hochdosis-Chemotherapie eine Stammzelltransplantation, um das Abwehrsystem wieder aufzubauen.
Stammzellen gewinnen zunehmend an Bedeutung. In zwei Drittel aller medizinisch relevanten Fälle werden eigene Stammzellen bevorzugt. Derzeit sind mehr als 100 Krankheiten bekannt, die mit Stammzellen behandelt werden können.
Bei Leukämie, genetisch bedingten Blutbildungsstörungen und genetischen Erkrankungen eignen sich hingegen Stammzellen von fremden Spendern oder Angehörigen besser.
Stammzellen in Studien: Erste Erfahrungen mit dem Einsatz eigener Stammzellen gibt es auch bei Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose, Rheuma oder jugendlichem Diabetes (Typ-I-Diabetes). Eine realistische Perspektive bieten Stammzellen zudem in der regenerativen Medizin. Sie befasst sich mit der Behandlung verschiedener Erkrankungen durch die Wiederherstellung funktionsgestörter Zellen, Gewebe und Organe durch Stammzellen. Das geschieht auf zwei Wegen: entweder durch die Aktivierung des Selbstheilungspotenzials oder durch die Züchtung von Gewebe und Organen.
Autologe oder allogene Anwendung – entscheidend ist die Indikation:
- Autolog (Eigenspende): Leukämien (wenn kein Spender gefunden wird). Lymphome, Tumoren, Autoimmunerkrankungen, Herz- Kreislauf-Erkrankungen, regenerative Medizin
- Allogen (verwandter Spender): Leukämien, Blutbildungsstörungen, genetische Erkrankungen
- Allogen (unverwandter Spender): Leukämien, Blutbildungsstörungen, genetische Erkrankungen
Regenerative Medizin:
Auch wenn die regenerative Medizin noch in den Kinderschuhen steckt, gibt es doch zahlreiche Beispiele aus der Praxis. Schon heute leben rund 25.000 Menschen in Europa mit Haut-, Knorpel- oder Knochenzellen , die außerhalb des Körpers hergestellt und später implantiert wurden. Wissenschaftlern ist es beispielsweise gelungen, Herzklappen zu entwickeln, die praktisch alle Eigenschaften der natürlichen Vorbilder aufweisen. Davon profitieren vor allem Kinder, denn der neue Gewebeersatz wächst mit und muss im Unterschied zu Kunststoffklappen nicht alle paar Jahre ausgetauscht werden.
Stammzellforschung: Für die Zukunft hoffen Wissenschaftler, mit Hilfe von Stammzellen Alterserkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Arterienverkalkung, Alzheimer und Parkinson behandeln zu können.
Können auch Erwachsene mit Stammzellen aus Nabelschnurblut behandelt werden?
Heute schon wird weltweit fast die Hälfte der abgegebenen Präparate für Erwachsene verwendet. Wird die erforderliche Menge nicht erreicht oder ist der Empfänger zu schwer, besteht die Möglichkeit, zwei verschiedene Nabelschnurblutspenden zu transplantieren.
Forschungsziel: Stammzellen aus dem Labor:
Grundsätzlich ist nicht die Menge des konservierten Blutes, sondern die Zahl der darin enthaltenen Stammzellen entscheidend dafür, ob ein Nabelschnurblutpräparat für einen Erwachsenen ausreicht oder nicht.
Experten empfehlen derzeit eine Zelldosis von mindestens 10 Millionen kernhaltiger Zellen pro Kilogramm Körpergewicht für eine Transplantation mit eigenen Stammzellen. Ein durchschnittliches Nabelschnurblutpräparat enthält rund 700 Millionen dieser Zellen. Ein wichtiges Ziel der Forschung ist die Entwicklung einer Methode, Stammzellen aus Nabelschnurblut im Labor zu vermehren. Die Wissenschaft geht davon aus, dass ein Verfahren für die Behandlung von Schwerkranken in einigen Jahren eingesetzt werden kann.
Wie funktioniert die Entnahme von Nabelschnurblut?
Nabelschnurblut darf nur in Kliniken und Geburtshäusern entnommen werden, die über eine staatliche Erlaubnis verfügen. Diese unterliegt strengen Auflagen: Das Personal muss entsprechend geschult sein und ein geeigneter Entbindungsraum zur Verfügung stehen.
Eltern, die sich dafür entschieden haben, das Nabelschnurblut zum Schutz ihres Kindes aufzubewahren, bekommen von Nabelschnurblutbanken zur Eigenvorsorge einige Wochen vor dem errechneten Geburtstermin ein persönliches Entnahmeset zugeschickt. Dieses enthält alle Dokumente und Utensilien, die in der Klinik benötigt werden. Gleichzeitig wird das Krankenhaus informiert.
Entnahmeset für Hebamme oder Arzt:
Die werdenden Eltern brauchen nichts weiter zu tun, als bei ihrer Ankunft im Kreißsaal das Entnahmepaket der Hebamme oder dem behandelnden Arzt zu geben – alles Weitere nimmt das Personal vor Ort in die Hand. Sobald das Baby geboren und die Nabelschnur durchtrennt ist, wird das Blut aus dem Teil der Nabelschnur, der noch mit der Plazenta verbunden ist, entnommen. Für Mutter und Kind ist dieses Verfahren völlig schmerzfrei und ohne Risiko.
Was muss ich tun, wenn ich Nabelschnurblut konservieren will?
Fremdspende: Bei einer Spende wird das Nabelschnurblut in einer Spenderbank anonym eingelagert und bei Bedarf zur Behandlung eines fremden Patienten abgegeben. Werdende Eltern, die sich für diese Form der Aufbewahrung entscheiden, müssen sich vor der Geburt an eine entsprechende Einrichtung wenden und einen Anamnesefragebogen zur Erfassung der medizinischen Vorgeschichte ausfüllen.
Stammzellbanken in größeren Städten: Nabelschnurblut kann unter anderem an die Stammzellbanken in Düsseldorf, Mannheim, München und Erlangen abgegeben werden. Diese arbeiten wiederum mit rund 120 Krankenhäusern in Deutschland zusammen, die die Entnahme für die Nabelschnurblutspende durchführen. Die meisten dieser Kliniken befinden sich im näheren Umkreis der öffentlichen Nabelschnurblutbanken.
Wie wird das Nabelschnurblut konserviert?
Da das Nabelschnurblut innerhalb von 48 Stunden eingefroren werden muss, bringen Kuriere die kostbare Fracht so schnell wie möglich in ein Labor. In sterilen Räumen wird das Blut für den Kälteschlaf präpariert und bei -196 Grad in flüssigem Stickstoff bzw. in der Gasphase darüber eingelagert. In den Wochen danach erfolgen sorgfältige Untersuchungen.
Da Nabelschnurpräparate als Arzneimittel gelten, schreiben die Richtlinien des Paul-Ehrlich-Instituts zahlreiche Qualitätsprüfungen vor. Im letzten Schritt erhalten die Eltern ein Zertifikat über die erfolgreiche Einlagerung.
Vollblut oder Separation?
Derzeit gibt es in Deutschland zwei Konservierungsverfahren: Während einerseits Vollblut eingelagert wird, trennen andere die Stammzellen von den übrigen Blutbestandteilen. Beide Verfahren entsprechen dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik und werden von den deutschen Behörden anerkannt.
Wie lange ist Nabelschnurblut haltbar?
Stammzellen gelten als unbegrenzt haltbar. Das liegt daran, dass die Stoffwechselprozesse im Zellinneren bei Temperaturen unter -130 Grad nahezu vollständig zum Erliegen kommen.
Da in Deutschland erst seit etwa 10 und in den USA seit 15 Jahren die Möglichkeit besteht, Stammzellen aus dem Nabelschnurblut für das eigene Kind aufzubewahren oder an eine Fremd-Spendebank zu spenden, gibt es noch keine Langzeitstudien zu dieser Form des Kälteschlafs.
Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Biomedizinische Technik in St. Ingbert (Saarland) gehen jedoch davon aus, dass Stammzellen aus korrekt gelagertem Nabelschnurblut über Jahrhunderte aufbewahrt werden können.
Soll ich Nabelschnurblut spenden oder für mein Kind aufbewahren?
Grundsätzlich ist Nabelschnurblut zu wertvoll, um nach der Geburt im Klinikmüll zu landen. Darin sind sich alle einig. Es gibt jedoch verschiedene Möglichkeiten, Nabelschnurblut aufzubewahren, nutzen zu können. Ob es der eigenen Vorsorge dienen oder als Spende anderen Menschen helfen soll, müssen letztlich die werdenden Eltern entscheiden.
Beide Varianten sind sinnvoll, da die eingelagerten Stammzellen für unterschiedliche Krankheiten und Bedürfnisse genutzt werden.
Kombimodell: Private und öffentliche Einlagerung:
Wer sich zum Zeitpunkt der Geburt noch nicht festlegen möchte, hat seit neuestem die Möglichkeit, das Nabelschnurblut für das eigene Kind aufzubewahren und gleichzeitig in ein öffentliches Spendenregister einstellen zu lassen. Als erstes Unternehmen hat VITA 34 dieses Modell angeboten. Benötigt irgendwo auf der Welt ein Patient eine Fremdspende, können die Daten über das nationale Zentralregister abgerufen werden.
Stimmen die Gewebemerkmale überein, bekommen die Eltern des potenziellen Spenders eine Nachricht. Sie können dann entscheiden, ob sie die Stammzellen dem Patienten zur Verfügung stellen oder für ihr Kind behalten möchten. Mit der Option VITA-plusSpende wird eine Lücke zwischen den bisherigen Möglichkeiten der Einlagerung von Nabelschnurblut geschlossen.
Nabelschnur – Alles über das Abnabeln
Die Nabelschnur gleich durchtrennen oder noch ein bisschen warten? Das entscheidet der Arzt oder die Hebamme. Wertvolles Nabelschnurblut spenden oder für das eigene Kind einfrieren lassen? Das entscheiden Sie!
Mit dem ersten Atemzug stellt der Organismus des Neugeborenen auf Selbstständigkeit um. Vorbei die Lebensphase, in der das Baby alles, was es braucht, über die Nabelschnur bekommt. Dennoch versiegt der Strom im Inneren der Nabelschnur nicht sofort. Und solange er fließt – das sanfte Pochen ist deutlich sichtbar, kann er dem Baby weiter Blut aus der Plazenta bringen. Vor zehn, fünfzehn Jahren war es üblich, die Nabelschnur auf jeden Fall auspulsieren zu lassen. Befürworter der sanften Geburt waren überzeugt, dass die Extraportion Blut, die das Baby dabei empfängt, ihm guttut. Die Gegner hingegen warnten vor den zusätzlichen Blutkörperchen, deren Abbau die Leber des Neugeborenen überfordern und eine Gelbsucht auslösen würde. Heute weiß man: Die Wahrheit liegt dazwischen. Das Plazentablut ist wichtig – aber so wichtig auch wieder nicht. Ein reifes, gesundes Neugeborenes braucht keine zusätzliche Portion. Genauso wenig aber bekommt es Probleme, wenn man ihm das Extrablut trotzdem liefert.
Das Durchtrennen tut nicht weh
Für gewöhnlich wird der Blutstrom unterbrochen, sobald das Neugeborene abgetrocknet, sein Gesicht abgewischt und seine Atmung kontrolliert ist. Dazu klemmt man die Nabelschnur an zwei Stellen ab, und Vater, Geburtshelfer oder Hebamme schneidet sie durch. Das tut dem Baby nicht weh, da die Nabelschnur keine Nerven besitzt. Möchte die Mutter das Neugeborene gleich bei sich haben, verzögert sich das Abnabeln. Wichtig ist dann nur, dass das Baby nicht zu weit oben auf dem Bauch seiner Mutter liegt, damit kein Gefälle in der Nabelschnur entsteht und Blut vom Kind weg zur Plazenta fließt. Manchmal allerdings ist beim Abnabeln Eile geboten – wenn das Neugeborene ärztliche Hilfe braucht. Wenn es gestresst und schlapp wirkt, seine Atemwege gereinigt werden müssen oder trübes Fruchtwasser vorgeburtliche Probleme signalisiert. Und auch extreme Frühchen muss man rasch abnabeln, um sie sofort ärztlich betreuen zu können.
Auspulsen für einen sanfteren Frühstart
Umgekehrt lässt man gesunde, fitte Frühgeborene möglichst lange an der Nabelschnur: Ihnen tut die Extraportion Blut aus der Plazenta ausgesprochen gut – weshalb man sie sogar extra tiefer als den Mutterbauch legt, damit möglichst viel Blut zu ihnen hinüberfließt. So kann man ihnen oft Bluttransfusionen ersparen. Ist das Baby schließlich abgenabelt, hat die Nabelschnur immer noch nicht ausgedient: Nun wird der Teil, der noch mit der Mutter verbunden ist, punktiert. Arzt oder Hebamme entnehmen etwas Blut, um die Blutgruppe und den sogenannten pH-Wert zu bestimmen – eine Pflichtuntersuchung, die bei keiner Geburt unterbleiben darf. Ein niedriger Nabelschnurblut-pH-Wert (unter 7,0) zeigt, dass das Baby vor der Geburt vorübergehend zu wenig Sauerstoff bekam und nun besonderer ärztlicher Aufmerksamkeit bedarf – auch wenn es ganz fit wirkt. Erst danach und nur, wenn die Eltern diesen Wunsch geäußert haben, wird das restliche Plazentablut aus der Nabelschnur gewonnen, um es einzufrieren. Hintergrund dafür: Die Wissenschaft arbeitet daran, es für therapeutische Zwecke zu nutzen. Denn das Besondere an dem Blut in Nabelschnur und Plazenta ist: Es enthält sogenannte Stammzellen – Körperzellen, die noch nicht auf bestimmte Funktionen, zum Beispiel in Herzmuskel, im Gehirn oder in der Niere, festgelegt sind, sondern sich flexibel einsetzen lassen. Die Ärzte erhoffen sich von diesen Stammzellen große Fortschritte, vor allem bei der Reparatur defekter Gewebe.
Der Vorteil von Stammzellen aus Nabelschnurblut: Sie sind jünger und flexibler als die übrigen Stammzellen und werden vom menschlichen Immunsystem seltener abgestoßen. Außerdem kann man sie problemlos gewinnen: Speziell dafür geschulte Ärzte oder Hebammen legen eine Kanüle in den mütterlichen Nabelschnurrest und leiten das Blut zusammen mit einem gerinnungshemmenden Mittel in einen keimfreien Plastikbeutel. Dieser wird sofort zu einer Stammzellbank transportiert. Wohin genau, hängt davon ab, was Eltern mit dem Nabelschnurblut ihres Babys vorhaben. Wollen sie es aufheben für den Fall, dass ihr Kind schlimm erkrankt und die Stammzellforschung womöglich eines Tages so weit sein wird, ihm zu helfen? Dann müssen sie das Blut in eine private Stammzellbank bringen lassen und einfrieren lassen. Genaue Informationen über Voraussetzungen und die jeweiligen Kosten finden Sie auf den Websites der jeweiligen privaten Nabelschnurblut-Bank.
Es gilt das Prinzip Hoffnung
Möchten sie das Nabelschnurblut stattdessen spenden, wird es kostenlos in einer öffentlichen Stammzellbank tiefgekühlt. So kommt es Kindern oder Erwachsenen zugute, die auf eine passende, heilsame Stammzellspende warten, etwa, weil sie an Leukämie leiden. Wie lange sich das Tiefkühlblut letztlich hält, lässt sich nicht sagen, da bislang keine Probe länger als 30 Jahre eingefroren war. Auch ob das Kind eines Tages tatsächlich von seinem gefrosteten Plazentablut profitiert, ist ungewiss. Dass aber schon jetzt kranken Menschen mit Stammzellspenden geholfen werden kann, steht fest. Zum Wegwerfen ist das Blut aus der Nabelschnur deshalb allemal zu schade.
(M. Muffin)