Dass die Pflege eines Angehörigen viel Kraft und Zeit kostet, belegt eine Forsa-Studie im Auftrag einer großen Krankenkasse. Insgesamt wurden 1.007 Personen befragt, die einen Pflegefall in der Familie haben. Und fast zwei Drittel der Befragten antworteten, sie müssten jeden Tag für den Pflegebedürftigen da sein und ihn umhegen. Entsprechend ausgebrannt fühlen sich viele Betroffene. Sieben von zehn Angehörigen (69 Prozent) gaben in der Studie an, sie haben das Gefühl, mal ausspannen zu müssen.
Dank der Pflegereform der Bundesregierung haben pflegende Angehörige nun tatsächlich Anspruch auf Erholung. Pro Kalenderjahr können sich Angehörige bei der Pflege bis zu sechs Wochen vertreten lassen, zum Beispiel von professionellen Pflegekräften, Verwandten und Freunden. Während dieser Auszeit übernimmt die Pflegekasse bis zu 1.612 Euro für die Ersatzpflege, unabhängig von der Pflegestufe. Die sogenannte Verhinderungspflege ist durch § 39 Sozialgesetzbuch XI geregelt.
Abschluss Pflegetagegeld- oder Pflegerentenversicherung
Um sich und die Familie für die eigene Pflegebedürftigkeit finanziell abzusichern, empfiehlt sich der Abschluss einer privaten Pflegezusatzversicherung. Aber Vorsicht: Gerade mit Blick auf pflegende Angehörige sind nicht alle Vertragsmodelle gleichermaßen geeignet.
Bei einer Pflegetagegeldversicherung und Pflegerentenversicherung steht das ausgezahlte Geld in der Regel zur freien Verfügung und kann an die Angehörigen weitergegeben werden. Anders hingegen bei der sogenannten Pflegekostenversicherung: sie übernimmt die Mehrkosten für eine professionelle Betreuung, wenn die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht ausreichend sind.
Weil bei einer Pflegekostenversicherung das Geld nicht frei verfügbar ist und jede Leistung genauestens dokumentiert werden muss, ist der Abschluss einer Pflegetagegeld- oder Pflegerentenversicherung unbedingt vorzuziehen.
Hier lohnt auch ein Blick auf die Statistik. Laut Statistischem Bundesamt werden fast die Hälfte der Pflegebedürftigen (47 Prozent) allein von Angehörigen versorgt. In 23 Prozent der Fälle erfolgt die Betreuung zuhause (zusätzlich) durch einen ambulanten Pflegedienst. Doch nur 30 Prozent der Pflegebedürftigen sind vollstationär in Pflegeheimen untergebracht.
Die häusliche Pflege ist ein Vollzeitjob! Das zeigt eine aktuelle Umfrage unter pflegenden Angehörigen, die zu dem Ergebnis kommt, das zwei Drittel aller Pflegenden jeden Tag im Einsatz sind. Immerhin werden bundesweit sieben von zehn Pflegebedürftigen zu Hause von Verwandten betreut. In Deutschland sind mehr als 2,6 Millionen Menschen pflegebedürftig. Viele Angehörige müssen Einbußen im Beruf verkraften, wenn in der Familie ein Pflegefall auftritt.
Frauen als pflegende Angehörige besonders betroffen
Besonders betroffen sind Frauen, da sie sich mehrheitlich um Pflegebedürftige kümmern. Jede dritte erwerbstätige Frau habe der Studie zufolge für eine Pflegetätigkeit ihre Arbeitszeit reduzieren müssen. Bei den Männern hingegen habe das nur jeder Vierte getan.
Besonders bei Akutfällen ist dabei die Unterstützung des Arbeitgebers wichtig, weil die Arbeitszeit oft und schnell gedrosselt werden muss. Wenn pflegende Angehörige dann keine Erleichterung erfahren, ist die Ratlosigkeit oft groß. Viele fühlen sich mit der Situation überfordert, sind gestresst und körperlich erschöpft.
Ab 2015 soll es jedoch möglich sein, eine zehntägige Auszeit im Beruf zu nehmen, wenn ein Pflegefall in der Familie auftritt. Dank der Pflegereform der Bundesregierung wird dann als Lohnersatzleistung ein Pflegeunterstützungsgeld gezahlt. Allerdings zeigt die aktuelle Studie: Pflege ist für lange Zeit ein Vollzeitjob. Knapp zwei Drittel (65 Prozent) der pflegenden Angehörigen sind demnach täglich im Einsatz.
Private Pflegeversicherung zur Unterstützung pflegender Angehöriger
Damit man auf die finanziellen Folgekosten einer Pflegebedürftigkeit vorbereitet ist, empfiehlt sich der Abschluss einer privaten Pflegeversicherung. Zum Beispiel zahlt eine Pflegetagegeldversicherung für jeden Tag, an dem der Versicherte pflegebedürftig ist, eine laut Vertrag vereinbarte Summe aus. Das Geld kann dann an Angehörige ausgezahlt werden, falls sie privat Pflegeleistungen übernehmen. Auch eine Pflegerentenversicherung kann zur Unterstützung der Familie eingesetzt werden – sie deckt die zusätzlichen Pflegekosten in Form einer Rente ab.
Bislang war nur der zeitliche Aufwand von Bedeutung
Die Zuordnungen, welche Pflegestufen die Betroffenen erhalten, werden vom Unternehmen MedicProof (Privatversicherte) und der Krankenkasse (gesetzlich Versicherte) vorgenommen. Bislang orientierten sich beide Einrichtungen an den zeitlichen Aufwand. Eine Vorgehensweise, die immer häufiger in die Kritik geraten ist.
Pflegegrade sollen bisherige Pflegestufen ersetzen
Wer also ab dem Jahr 2017 Pflege benötigt, erhält einen von fünf möglichen Pflegegraden. Dabei achten MedicProof bzw. die Krankenkasse auf geistige, psychische und körperliche Einschränkungen. Des Weiteren werden in sechs Bereichen Grade der Selbstständigkeit gemessen, sodass am Ende ein individuelles und passendes Ergebnis erzielt werden kann.
Eine private Vorsorge bleibt weiterhin unverzichtbar
Jedoch behebt die Reform ein wesentliches Problem nicht: Wer pflegebedürftig wird, muss mit einer erheblichen Finanzierungslücke rechnen, die auch das "Pflegestärkungsgesetz II" nicht schließt. Die gesetzlichen Leistungen decken lediglich 50 Prozent aller pflegedingten Kosten ab. Wer sich im Pflegefall zumindest keine Sorgen um die Finanzen machen möchte, sollte daher im Vorfeld eine private Vorsorge abschließen.
Mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz (PNG) hat die Bundesregierung auf den demografischen Wandel und die Herausforderungen der Pflege in der Zukunft reagiert. Nicht alle neuen Leistungen werden allerdings "von Amts wegen" gezahlt, beispielsweise die verbesserten Leistungen für Demenzkranke. Hier empfiehlt es sich auf jeden Fall, einen Antrag zu stellen.
Menschen mit Demenz in der Pflegestufe 0 (mit Betreuungsbedarf aber noch ohne Pflegeeinstufung) erhalten 2013 erstmals Pflegegeld in Höhe von monatlich 120 € oder Sachleistungen in Höhe von 225 € pro Monat. Diese Leistung erfolgt zusätzlich zum schon gewährten Betreuungsgeld von 100 €.
Für Menschen mit Demenz in der Pflegestufe I erhöht sich das Pflegegeld um 70 € (auf monatlich 305 €), in der Pflegestufe II um 85 € (auf 525 € pro Monat). Ebenfalls erhöhen sich die Sachleistungen in der ambulanten Pflege in der Pflegestufe I auf 665 € (bisher 450 €) und auf 1.250 € (bisher 1.100 €) in der Pflegestufe II.
Eine Beratung für Anträge auf Pflegeversicherung wird nun innerhalb von zwei Wochen erteilt. Es soll daraufhin zeitnah ein Termin zur Begutachtung des MDK (medizinischer Dienst der Krankenversicherung) angeboten werden.
Die Pflegekasse gewährt Zuschüsse im individuellen Wohnumfeld von Pflegebedürftigen nun ohne Einkommensprüfung bis zu einem Betrag von 2.557 € je Maßnahme, beispielsweise Anbringung von breiteren Zimmertüren oder Bau eines barrierefreien Zugangs zum Bad. Bei Wohnungen mit mehreren Pflegebedürftigen liegt die Obergrenze des Zuschusses bei 10.228 €.
Zur Förderung von Wohngemeinschaften (WGs) mit mindestens drei Pflegebedürftigen werden 2.500 € pro pflegebedürftigem Mitglied einer WG sowie maximal 10.000 € pro Gruppe bereitgestellt. Die Förderung endet bei Erreichen des Fördertopfs in Höhe von 30 Millionen Euro, spätestens Ende 2015. Eine organisatorische Pflegekraft erhält von der Pflegekasse monatlich pauschal 200 €.
Pflegenden Angehörigen wird das Pflegegeld während einer Kurzzeit- oder Verhinderungspflege hälftig weitergezahlt.
Der Anspruch auf Assistenzpflege wird ausgeweitet. Der Pflegende kann sich künftig gemeinsam mit dem pflegebedürftigen Menschen in eine stationäre Vorsorge oder Reha-Einrichtung aufnehmen lassen. Bislang war dies nur bei stationärer Aufnahme in ein Krankenhaus möglich.
Pflegezeiten, addiert bei mehreren Pflegebedürftigen, werden für Pflegende bei der Rentenversicherung besser berücksichtigt.
2013 neu abgeschlossene, private Pflege-Zusatzversicherungen ab einer Mindestprämie von 10 € pro Monat werden mit Jährlich 60 € bezuschusst; sie bedürfen keiner Gesundheitsprüfung durch die Versicherer.
Sozialträger muss auch Pflegeassistenz im Krankenhaus bezahlen
Auch im Krankenhaus haben schwerstbehinderte Patienten Anspruch auf einen eigenen Pflegeassistenten. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das Klinikpersonal keine ausreichende Betreuung der Person gewährleisten kann.
Haben schwerkranke Patienten auch dann Anrecht auf einen eigenen Pflegeassistenten, wenn sie im Krankenhaus betreut werden? Mit dieser Frage musste sich aktuell das Sozialgericht München beschäftigen, wie der Deutsche Anwaltsverein (DAV) erläutert. Und die Richter entschieden durchaus im Sinne des Patienten, gestanden sie doch eine derartige Unterstützung unter bestimmten Bedingungen zu.
Im verhandelten Rechtsstreit litt eine Frau unter so schwerer Spastik, dass sie regelmäßig mehrere Tage im Krankenhaus zubringen musste. Dort erhielt sie jedoch nicht die notwendige Betreuung, standen doch Pfleger und Schwestern unter ständigem Zeitdruck. In ihren eigenen vier Wänden nahm die Schwersterkrankte normalerweise eine häusliche Pflege mit einer täglichen Grundpflege von mindestens fünf Stunden in Anspruch. Zudem stand ihr für volle 16 Stunden eine Pflegebereitschaft zur Verfügung.
Also entschloss sich die Frau kurzerhand, auch im Krankenhaus einen Pflegeassistenten nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zu beantragen. Der Sozialträger lehnte das Begehren jedoch mit dem Hinweis ab, dass in der Klinik bereits Personal vor Ort sei, das sich um sie kümmern könne. Anders bewerteten dies jedoch die Münchener Richter – und gaben der Patientin Recht.
Nach Ansicht der Richter können Krankenhauspfleger den Ansprüchen schwerstpflegebedürftiger Patienten meist nicht nachkommen, denn der Zeitmangel lasse die notwendige Betreuung nicht zu. Dies habe sogar die Klinik in einer offiziellen Stellungnahme bestätigt. Weil die Patientin auf die Unterstützung eines externen Pflegeassistenten angewiesen sei, müssen ihr auch die Kosten erstattet werden.
Voraussetzung für die Übernahme der Kosten ist jedoch, dass die Pfleger und Schwestern tatsächlich keine ausreichende Betreuung des Patienten gewährleisten können (Az. S 32 SO 473/10 ). Umfangreiche Assistance-Bausteine beinhalten übrigens auch private Pflegeversicherungen – kommt doch die Sozialkasse nicht für jede Leistung auf.
Richtig vorsorgen fürs Alter
Natürlich ist es fehl am Platz, angesichts der Pflegestatistik in Panik zu fallen. Denn wenn jeder dritte Ruheständler der Generation Ü80 ein Pflegefall wird, heißt das im Umkehrschluss, dass die meisten Menschen auch hoch betagt ein gesundes und gutes Leben führen können. Tatsächlich gab es nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik so viele Rentner, die sich aktiv am Gesellschaftsleben beteiligen, Sport treiben und ihren Lebensabend genießen.
Aber auf jeden Fall ist es ratsam, mit einer privaten Pflegeversicherung für das Alter vorzusorgen. Nur selten deckt die gesetzliche Pflegeversicherung alle anfallenden Kosten ab. Wenn man die anfallenden Kosten dann nicht selbst tragen kann, werden sowohl der Ehepartner als auch die Kinder auf ihre Unterhaltspflicht geprüft und zur Kasse gebeten. Experten schätzen den monatlichen Eigenanteil, der dann von den Verwandten aufzubringen ist, auf 1.500 Euro. Auch ein Pflegeheimplatz kostet für einen Schwerstbedürftigen schnell 3.000 Euro im Monat. Ein Beratungsgespräch kann helfen den passenden Schutz zu finden.
Frauen sind stärker davon bedroht, ein Pflegefall zu werden
Tatsächlich ist das weibliche Geschlecht weitaus stärker davon bedroht, später ein Pflegefall zu werden. Dreiviertel aller Frauen müssen damit rechnen, im Herbst des Lebens auf fremde Hilfe angewiesen zu sein! Schon zum jetzigen Zeitpunkt sind zwei Drittel aller pflegebedürftigen Menschen in Deutschland Frauen. Das Pflegerisiko für Männer sollte jedoch nicht unterschätzt werden, es beträgt immerhin stolze 50 Prozent.
Aber warum werden Frauen eher pflegebedürftig als Männer? Dies hat paradoxerweise damit zu tun, dass Frauen ein gesünderes Leben führen, mehr Sport treiben, weniger rauchen und trinken und auch öfter zu Vorsorgeuntersuchungen zu gehen. Denn Frauen werden im Durchschnitt älter als Männer, und die Wahrscheinlichkeit ein Pflegefall zu werden ist vor allem im Greisenalter hoch. Laut PKV-Sterbetafel betrug die Lebenserwartung eines neugeborenen Jungen im Jahr 2009 durchschnittlich 83,64 Jahre, die eines Mädchens hingegen 87,14 Jahre. Es scheint paradox: Wer gesünder lebt, ist tatsächlich von der Pflegebedürftigkeit stärker bedroht!
Privater Pflegeschutz statt Pflegefalle
Eine Pflegestudie der Bertelsmann Stiftung prognostiziert, dass in rund 18 Jahren etwa so viele Menschen pflegebedürftig sind, wie heute in Berlin leben. Rund 3,4 Millionen Bundesbürger sollen im Jahr 2030 auf fremde Hilfe angewiesen sein. Dem drohenden Pflegenotstand können Menschen mit einer privaten Pflegezusatzversicherung zuvorkommen.
Bei ihren Berechnungen gingen die Experten von der Annahme aus, dass im Jahr 2030 die durchschnittliche Lebenserwartung für Männer 81 Jahre betragen wird, für Frauen sogar 85,7 Jahre. Speziell ältere Menschen sind aber von der Pflegebedürftigkeit überproportional betroffen. Da zugleich immer weniger Kinder geboren werden, drohen schon in naher Zukunft ernste Pflege-Engpässe, wenn die Alterung der Gesellschaft wie bisher fortschreitet. Laut Bertelsmann Stiftung muss sich Deutschland auf bis zu 500.000 fehlende Pflegekräfte einstellen.
Was kann man aber persönlich tun, um im Fall einer Pflegebedürftigkeit finanziell abgesichert zu sein? Hier bietet sich der Abschluss einer privaten Pflegezusatzversicherung an. Es gibt mehrere Möglichkeiten, mithilfe privater Vorsorge vorzubeugen:
Bei einer Pflegetagegeldversicherung bekommt der Versicherte für jeden Tag, an dem er pflegebedürftig ist, eine laut Vertrag vereinbarte Summe ausgezahlt. Das Geld kann dann für die Pflege durch Angehörige oder einen Pflegedienst verwendet werden. Die Höhe des Pflegetagegeldes ist von der Pflegestufe abgängig. Doch 100 Prozent gibt es meist erst ab Pflegestufe 3. Der Vorteil dieser Versicherung: Eine Anpassung der Beiträge ist meist ohne erneute Gesundheitsprüfung möglich.
Die Pflegekostenversicherung erstattet dem Versicherten -anteilig oder nach Abzug der Grundleistung- die verbleibenden Kosten im Pflegefall, welche nicht durch die gesetzliche Pflegepflichtversicherung gedeckt sind. Die Zahlung erfolgt in der Regel unabhängig von der jeweiligen Pflegestufe. Entscheidend sind dabei die Rechnungsbeiträge der Pflegepersonen, die man der Versicherung vorlegen muss, sowie das Urteil des Arztes. Für die Abrechnung sind deshalb alle Belege über die Pflegekosten aufzuheben.
Es gibt allerdings einen Nachteil der Pflegekostenversicherung. Gerade, wenn Angehörige einen Menschen pflegen und der Pflegebedürftige nicht von einer professionellen Institution wie etwa einem Altersheim betreut wird, ist der Kostennachweis schwer zu führen. Wer von seiner Familie betreut werden will, sollte deshalb lieber eine andere Pflegeversicherung abschließen.
Die Pflegerentenversicherung deckt die zusätzlichen Pflegekosten in Form einer Rentenzahlung ab. Je nach Hilfebedürftigkeit und Pflegestufe wird dabei eine laut Vertrag zugesicherte monatliche Rente ausgezahlt. Es spielt keine Rolle, für welche Pflegeleistung das Geld genutzt wird. Die Leistung kann oft auch als Todesfallleistung oder Altersrente ab dem 80. und 85. Lebensjahr erbracht werden. Ein Beratungsgespräch kann helfen, den richtigen Pflegeschutz zu finden.
(VB) (M.Muffin)