Kfz-Haftpflicht: Wenn Reifenteile auf der Fahrbahn einen Unfall bewirken

21. Aug 2015 | Kfz

Befinden sich Teile eines geplatzten Reifens auf der Fahrspur der Autobahn, bedeutet das auch für nachfolgende Fahrzeuge ein hohes Unfallrisiko: vor allem, wenn der Reifen von einem LKW stammt. Das Amtsgericht Arnstadt musste sich aktuell mit der Frage befassen, ob die Versicherung eines Brummifahrers vollumfänglich für den Schaden einstehen muss, der einem nachfolgenden PKW-Besitzer entstanden ist.

kfz-haftpflicht-reifenteile-fahrbahn © Fotolia.com

kfz-haftpflicht-reifenteile-fahrbahn © Fotolia.com

Wenn der Reifen platzt, bedeutet das für die Insassen des betroffenen Autos eine große Gefahr. Pro Jahr werden, so das Statistische Bundesamt, mindestens 40 Menschen wegen technischer Mängel an der Bereifung getötet und weitere 2400 verletzt. Aber auch nachfolgende Autofahrer können in Mitleidenschaft gezogen werden, wie ein aktueller Rechtsstreit zeigt.

Geklagt hatte ein Autofahrer, der aufgrund von Reifenresten auf der Fahrbahn einen Unfall erlitt. Der Mann war mit 130 Stundenkilometern nachts unterwegs, als bei einem vor ihm fahrenden LKW der Reifen platzte. Der Mann konnte den Reifenresten nicht mehr ausweichen und ihm entstand ein erheblicher Sachschaden an seinem Fahrzeug.

Versicherung wollte nur 75 Prozent der Kosten übernehmen

Die Kfz-Versicherung des Brummifahrers wollte aber nur für 75 Prozent der entstandenen Schadenssumme aufkommen. Schließlich hätte der Autofahrer die Reifenreste rechtzeitig erkennen und ausweichen können, wenn er eine angemessene Geschwindigkeit gewählt hätte. Im Übrigen müsse der Geschädigte in Höhe der sogenannten Betriebsgefahr mithaften, da der LKW-Fahrer Reifen und Beleuchtung vor Beginn der Fahrt gewissenhaft kontrolliert habe. Betriebsgefahr bedeutet, dass bereits die Nutzung eines Fahrzeuges ein bestimmtes Risiko mit sich bringt, weshalb der Betreiber einer Sache eine Mithaftung trägt – unabhängig von seinem Verschulden.

PKW-Fahrer bekommt volle Versicherungssumme zugesprochen

Der geschädigte Autofahrer nahm das aber nicht so hin und zog vor Gericht. Dort konnte er einen Richterspruch zu seinem Gunsten erstreiten. Das Amtsgericht Arnstadt verpflichtete den Brummifahrer und seine Versicherung zur Zahlung des noch ausstehenden Betrages. Grund für den hohen Sachschaden seien schließlich der geplatzte Reifen des LKW sowie die auf der linken Fahrbahn befindlichen Reifenteile gewesen, betonten die Richter. Die Reifenteile hätten eine wesentliche Gefahrenquelle bedeutet (AG Arnstadt, Urteil vom 17.06.2015, Az. 22 C 276/14 externer Link).

Auch dass der PKW-Nutzer im verhandelten Streit die Höhe der Betriebsgefahr anrechnen lassen muss, bestritten die Richter. Zwar trage ein Autofahrer grundsätzlich die Betriebsgefahr für sein Fahrzeug. Aber im vorliegenden Fall sei zu beachten gewesen, dass ein LKW im Gegensatz zu einem PKW eine größere Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer bedeute. Diese größere Betriebsgefahr sei durch den geplatzten Reifen noch einmal erhöht worden.

Reifenteile in Nacht kaum zu erkennen

Festgestellt wurde im Verfahren, dass der Autofahrer nicht gegen das sogenannte Sichtfahrverbot nach StVO verstoßen habe, wonach die Fahrweise an die Sicht- und Witterungsbedingungen anzupassen ist. Für Teile, die auf der Fahrbahn liegen, gelte diese Regel nicht. Gerade bei Nachtfahrten sei es schwer, schwarze Reifenteile bzw. Reifen rechtzeitig zu erkennen, argumentierte das Gericht. Deshalb habe sich der PKW-Fahrer korrekt verhalten und erhält nun den vollen Schaden erstattet. Der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung hilft, entsprechende Forderungen gegen eine Unfallpartei durchzusetzen. (VB)


REVE Kontaktdaten

Speichern Sie unsere Kontaktdaten auf Ihrem Smartphone und Kontaktieren Sie uns per WhatsApp externer Link