Im betreffenden Fall hatte die Kundin 2002 über einen Versandhandel ein Herd-Set erworben, stellte jedoch eineinhalb Jahre später fest, dass sich die Emailleschicht des Backofens ablöste. Da der Backofen nicht repariert werden konnte, wurde er vom Verkäufer ausgetauscht. Für die bisherige Nutzung verlangte er jedoch von der Käuferin einen Wertersatz in Höhe von 70 Euro. Die Klägerin bezahlte diesen Betrag, wendete sich jedoch im Anschluss an den Verbraucherschutz, der dann in ihrem Namen klagte. Die Begründung: Der Ersatz mangelhafter Geräte dürfe nicht zu Lasten der Käuferin gehen. Die Forderung eines Nutzungsentgelts sei deshalb gesetzeswidrig. überhaupt seien Forderungen für die Nutzung von zunächst fehlerfreien Geräten, die im Nachhinein einen Mangel aufweisen, unzulässig.
Das Landgericht wies ebenso wie das Oberlandesgericht die Klage ab. Der Bundesgerichtshof jedoch entschied nach Rücksprache mit dem Europäischen Gerichtshof, dass der Verkäufer beim Austausch einer mangelhaften Ware für die bisherige Nutzung keinerlei Entschädigung einfordern könne. Es stünde entgegen nationaler Regelungen wie der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, die Garantien für Verbrauchsgüter vorsieht, wenn ein Wertersatzentgelt verlangt würde.
EU-Verbraucherrechterichtlinie
Paragraf 439 Abs.4 des BGB sei deshalb mit Einschränkung anzuwenden. Die hier beschriebenen Vorschriften bezüglich des Rücktritts vom Kauf beträfen nur die eigentliche Rückgewähr, leiteten aber keinerlei Ansprüche auf Wertersatz aus Sicht des Verkäufers ab. Eine Gebühr für die bisherige Nutzung der Ware durch den Käufer ist laut EuGH nicht mit Artikel 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie vereinbar.
Diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ist für alle nationalen Gerichte bindend. Zudem muss das nationale Recht von den Gerichten so ausgelegt werden, dass es weitestgehend dieser Entscheidung entspricht. Das bedeutet, eine richtlinienkonforme Auslegung wird durch den EuGH vorgeschrieben. Die nationalen Gerichte sind dazu angehalten, nicht nur entscheidungskonforme Urteile zu fällen, sondern auch die landeseigene Rechtsprechung und Gesetzgebung diesbezüglich zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Im Einzelfall kann dies dazu führen, dass nationale Gesetze dieser Entscheidung entsprechend abgeändert werden müssen.
Im genannten Fall handelt es sich nach Auffassung des EuGH um eine planwidrige Regellücke, die es zu schließen gilt. Dabei sind alle nationalen Gerichte gefordert, diese Gesetzeslücke schnellstmöglich zu beseitigen, so die Urteilsbegründung des Europäischen Gerichtshofes.