Ehevertrag ungültig wenn der Unterhaltspflichtige zum Sozialfall wird

23. Feb 2009 | Familie & Freizeit

Der Bundesgerichtshof hatte in dem seinem Urteil vom 05.11.2008 (BGH XII ZR 157/06) zugrunde liegenden Fall erstmals eine Scheidungsfolgenvereinbarung zu prüfen, durch die der Zahlungspflichtige derart überfordert wurde, dass er seinen eigenen Lebensbedarf nicht mehr sicherstellen konnte.

recht-ehevertrag-ungueltig © Fotolia.com

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Bis dato war höchstgerichtlich das Problem gelöst worden, dass ein Ehegatte durch Unterhaltsverzicht gegenüber dem anderen mittellos wurde. In diesen Fällen wird die Regelung stets für nichtig erachtet, wenn sie aus einem evidenten Ungleichgewicht in der Position der Vertragspartner resultiert.

Vorliegend hatten die Eheleute nach ihrer Eheschließung in notarieller Form vereinbart, dass im Falle der Scheidung beide wechselseitig auf Unterhalt verzichten, der Mann jedoch an die Ehefrau eine monatliche Leibrente von 1300 DM (im Jahr 1999- mit Anpassungsklausel) zahlen muss. Die Zahlungpflicht sollte auf Lebenszeit der Ehefrau solange bestehen, bis sie Ansprüche auf Altersrente bekäme, und nur solange sie keine Einkünfte aus Vollerwerbstätigkeit erziele. Der Ehemann ist aus früherer Ehe in der Türkei bereits Kindern gegenüber unterhaltspflichtig, was die Ehefrau im Zeitpunkt der Vereinbarung auch gewusst haben muss. Seit der Scheidung erzielt der Ehemann durchschnittliche Nettoeinkünfte von etwa 1600 €, die Ehefrau erhält 880 € monatlich aus einer Teilzeitbeschäftigung.

Die Klage des Klägers auf Feststellung , dass kein Anspruch der Ehefrau auf Zahlung der Leibrente besteht, wurde vom Amtsgericht Bruchsal abgewiesen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe als Berufungsinstanz gab der Klage statt (veröffentlicht in FamRZ 2007, 477 ff.). Der BGH bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts.

Anders als das OLG zur wesentlichen Begründung ausführt, führt nach Auffassung des BGH zwar die erhebliche Abweichung vom gesetzlichen Gleichverteilungsgrundsatz allein noch nicht zur Sittenwidrigkeit der Bestimmung; denn im Rahmen der Vertragsfreiheit dürfen die Parteien ihre Verhältnisse auch abweichend regeln. Selbst einseitig schwer belastende Regelungen ohne ersichtlichen Grund unterliegen grundsätzlich der freien Entscheidung der Vertragsparteien.

Der BGH nimmt aber an, dass der Ehemann in seiner Entscheidung offenbar nicht frei war und die Folgen seiner Erklärung nicht einschätzen konnte. Nach Abzug der Leibrente und seiner berufsbedingten Aufwendungen verbleiben dem Kläger weniger als 870 € monatlich, was seinen Selbstbehalt schon unterschreitet, ohne dass er seine Kindesunterhaltspflichten erfüllen könnte. Im übrigen sieht der BGH die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen als begrenzt an, sobald er sich selbst und auch andere Unterhaltpflichtige durch die Verfügung in eine finanzielle Notlage bringt. Hierzu bezieht sich der Senat auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, FamRZ 2001, 1685 ff.), nach der jede Unterhaltspflicht Leistungsfähigkeit voraussetzt.

Ehevertrag: Unromantisch, aber praktisch

Auch wenn es sich viele Paare wünschen: Eine Versicherung für die Liebe gibt es noch nicht. Das zeigt sich auch an den Scheidungsquoten. Fast jede dritte Ehe scheitert, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) ermittelt hat. Das verflixte siebente Jahr überleben immerhin die meisten Partnerschaften: Im Schnitt erfolgt die Scheidung nach 14,5 Jahren.

Bevor die Hochzeitsglocken läuten, empfiehlt es sich deshalb über einen Ehevertrag nachzudenken. Damit kann man festlegen, was jedem Partner nach einer Scheidung zusteht. Ohne entsprechenden Vertrag versucht der Gesetzgeber, einen materiellen Interessenausgleich herzustellen: damit kein Ehepartner benachteiligt wird, tritt der sogenannte „Güterstand der Zugewinnergemeinschaft“ ein. Das bedeutet, jeder erhält ungefähr die Hälfte des gemeinsamen Besitzes.

Aus unterschiedlichen Gründen kann man so einen Vermögensausgleich ablehnen: etwa, wenn ein „betuchter“ Ehepartner sichergehen will, dass er nicht nur wegen seines Geldes geheiratet wird. Der Ehevertrag ist auch dann sinnvoll, wenn beide Partner ihre finanzielle Unabhängigkeit wahren wollen.

In der Regel bedeutet dies, eine „Gütertrennung“ zu vereinbaren: mit diesem Übereinkommen bleibt jeder Partner der Verwalter seines eigenen Vermögens. Das schließt auch Besitztümer ein, die während der Ehe selbständig erworben werden. Im Falle einer Scheidung muss dann nur das sogenannte „gemeinsame eheliche Gebrauchsvermögen“ (zum Beispiel Wohnung, Hausrat, gemeinsames Auto) sowie das gemeinsame Sparbuch aufgeteilt werden.

Schließlich bedeutet Liebe ja auch, dass man materielle Dinge in den Hintergrund schiebt. Ob ein Ehevertrag nun ein Zugeständnis an die Harmonie des Zusammenlebens ist oder Respekt gegenüber der Autonomie des Partners bedeutet, bleibt dabei eine persönliche Entscheidung. (VB)


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